Urban Sounds Of Turkey
von Valentin Peitz
Nach dem erfolgreichen Erstwerk der türkischstämmigen in Deutschland lebenden DJane Ipek Ipekçioglu, läutet sie nun mit dem Nachfolgewerk »Beyond Istanbul Vol.2 - Urban Sounds Of Turkey« die Glocken für eine weitere Lehrstunde in Sachen erweitertem Verständnis türkischer Musikkultur.
Während das im Jahr 2006 erschienene Erstwerk »Beyond Istanbul - Underground Grooves Of Turkey« wie es der Titel bereits anmerkt eine Reise durch die türkischsprachige Clubmusikkultur darstellt, bietet Ipek Ipekçioglu mit der zweiten, ebenfalls bei dem Trikont-Verlag erschienenen Compilation, dem Hörer nun einen tieferen und breit angelegten Einblick in die Klangkultur der Türkei und verschiedenster türkischer Diasporen.
Das Konzept, welches nun hinter »Beyond Istanbul Vol.2« steht, baut ihrer eigenen Aussage zufolge nicht auf marktökonomischen Überlegungen, sondern verfolgt vielmehr ein sehr persönliches Interesse. So habe sie versucht Songs zusammenzutragen, mit welchen die DJane und Produzentin ganz eigene Erinnerungen und Gefühle in ganz bestimmten Momenten ihres Lebens verbinde.
Herausgekommen ist ein Werk, das eben ein sehr breites und facettenreiches Angebot türkischsprachiger und von der türkischen Musikkultur beeinflusster Musik zum Inhalt hat. Der ein oder andere Hörer wird überrascht sein, was DJ Ipek da an Titeln aus ihrem anatolischen Hut zaubert. So wird auf der einen Seite die hier auf einem Tonträger zusammengetragene Genrepalette von Track zu Track weiter ausgelotet, auf der anderen Seite tüfteln und schleifen die ausgewählten Songs zudem nicht selten selbst fleißig an eingefahrenen Genregrenzen - ein musikalischer Eklektizismus in doppeltem Sinn!
Schon der erste Track auf »Beyond Istanbul - Urban Sounds OF Turkey« zeigt diese Tendenz deutlich auf. Die türkische Gruppe „Fairuz Derin Bulut“ wartet in dem Titel »Zerk-i Ziyan« mit einer Punk-Reggae-Attitüde in der Art von beispielsweise The Clash auf, gepaart mit türkischen Instrumenten und türkischem Hip-Hop-Gesang des Künstlers „Ceza“. Gefolgt von dem Titel »ILimon ektim Tasa«, ein mitreißendes balkantypisches Bläserstück, unterlegt mit türkischem Gesang, wird zu diesem Zeitpunkt dem im doppelten Sinne auf dieser Compilation vorhandenen Stileklektizismus bereits Rechenschaft abgelegt.
Von Soul, Funk und zeitgenössisch-elektronischer Musik geprägte Titel werden im weiteren Verlauf von DJ Ipek ebenso wenig gemieden, wie auch traditionelle türkische Chanson-Musik.
Neben dem auditiven Erlebnis funktioniert dieses Werk noch auf einer ganz anderen Ebene. So ist der Compilation ein 28 Seiten starkes Booklet zugefügt, in welchem der Rezipient einiges mehr über ausgewählte Titel, Künstler, zu der Compilerin selber und vor allem auch zu dem zeitgenössischen Kulturleben in der Türkei erfährt.
Ein Rundumschlag also, zu dem Ipek Ipekçioglu hier angesetzt hat und der in Hinsicht auf bestimmte ihm immanente sozial-gesellschaftliche Ambitionen gewisse Parallelen zu dem vor einigen Jahren bereits entstanden Filmwerk »Crossing the Bridge« des türkischstämmigen und in Deutschland arbeitenden Regisseurs Fatih Akin aufweist. Ist aber »Crossing the Bridge« ein Werk, welches in der Medienlandschaft leider mehr oder weniger unterging, könnte »Beyond Istanbul Vol.2« den Sprung in den öffentlichen Diskurs schaffen und damit zumindest kleine Anregungen zum Verständnis der türkischen Kultur beitragen. Wir würden uns das uns zu liebe doch sehr wünschen. Das Zeug dazu, so viel kann man bestimmt sagen, hat DJ Ipek’s Compilation alle Mal.
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