Montag, 18. Januar 2010

Editors, die Zweite

In This Light And On This Evening
von Franz Grosse


Editors- ...und die Laternen scheinen

Mit keinem konkreten Ziel wandle ich durch die dunklen Gassen einer Stadt, deren Kulisse in einen verschwommenen Nebelschleier gehüllt ist. Ratten wechseln die Straßenseite und Tauben flattern, erschrocken von meinen hallenden Schritten, in Richtung Mond. Keine Sterne, keine Menschen. Ich bin allein und doch umgeben von einer beängstigenden Atmosphäre mit tausend Gesichtern. Langsam öffne ich meine Augen und finde mich mit dem neuen Editors Album In This Light And On This Evening in den Händen auf meinem Wohnzimmersessel wieder. Fuck, denke ich, was ein Trip!

Der Drittling des Quartetts hat einige Überraschungen in Petto: es soll kein Konzeptalbum sein und dennoch ist ein Gemütswandel in Richtung Elektro deutlich zu erkennen. Die sonst so eingängigen Gitarrenriffs aus Songs wie All Sparks (The Back Room) oder Smokers Outside The Hospital Doors (An End Has a Start) wurden durch repetitive Keyboard- und Synthesizerloops ersetzt. Vielleicht liegt es an den neuen Lebensumständen, denn Bassist Russell Leetch und Gitarrist Chris Urbanowicz sind nach New York gezogen, während Sänger Tom Smith als junger Vater nun mit seiner Kleinfamilie in London lebt. Dem Gründungsort Birmingham ist als Einziger Drummer Edward Lay treu geblieben. Bekanntlich halten Fernbeziehungen solcher Art nicht lange, die Editors jedoch beweisen Zusammenhalt und durchdenken ihre Songs vorerst jeder für sich zu Hause am Computer. Per Mail werden dann Hörbeispiele und neue Ideen weitergeschickt und letztendlich gemeinsam komponiert. Und welche Band kann schon von sich behaupten, ihr Album in einem virtuellen Proberaum geschrieben zu haben? Der elektronische Umschwung allerdings erschwert es uns, von den Editors wie gewohnt mit Größen wie Interpol und gar Joy Division in einem Atemzug zu sprechen. Als Inspirationsquellen geben die vier für dieses Album nämlich u.a. LCD Soundsystem, Talking Heads und Depeche Mode, sowie industrielle Titelmelodien diverser Soundtracks, wie z.B. von Terminator und Blade Runner, an. Eines ist uns jedoch geblieben, nämlich das dunkle, geheimnisvolle Timbre der Stimme von Tom Smith, welches den Facettenreichtum der Band bestimmt. Dieser sagt schließlich: Es ist ein Album, das von dem Fehlen Gottes singt, von zerbrochener Liebe, ein Album, auf dem die dreckige Stadt so nah ist, dass du sie riechen und schmecken kannst, ein Album trunkener Gewalt, ein Album, das all das Vertrauen in die Leute, die unsere Welt regieren, verloren hat.

Die Metharmorphose zum Papillon lässt sich bereits in selbiger ersten Singleauskopplung hören, welche auf Garantie toute la journée im Kopf hängen bleiben wird. Mit 9 Songs erreicht In This Light And On This Evening eine relativ kurze Spielzeit von rund 37 Minuten, welche jedoch mit 5 weiteren Tracks auf der Bonus CD Cuttings II und einem schicken Booklet wett gemacht wird.

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