Montag, 18. Januar 2010

Editors, die Fünfte

In This Light And On This Evening
von Michael Kwast


"Für uns stand von Anfang an fest, dass wir ein dramatisches drittes Album aufnehmen wollten. Und wir wollten die Bilder vor unseren Augen in Musik übersetzen", so Smith.

Wir treiben in der kühlen, industriellen Nüchternheit einer scheinbar "gottverlassenen" Stadt. Dreck. Dunkelheit. Einsamkeit. Die einzigen Indikatoren humanen Lebens scheinen Neonlichter der entfernten Skyline zu sein. Wir laufen, schwitzen, suchen. Plötzlich und unverhofft ein Lebenszeichen, dass so schnell wie ein Schmetterling auch wieder verschwunden ist. Wir sind in düstere Kälte eingesogen, wieder allein und suchen weiter. - Die Suche der britischen Band Editors scheint mit ihrem neu erschienen Album und der vorab veröffentlichen tanzbaren Synthie-Single Papillon ein vorläufiges Ende zu haben. Der kleine Schmetterling muss sich jedoch gegenüber den düsteren, zumeist sehr kraftvollen künstlichen Beats geschlagen geben, die, wie schon bei den zwei Vorgängern, durch die raue Bass-Stimme von Tom Smith vorangetrieben werden, um dann meist von einem Gitarreninferno aufgesogen zu werden. Dramatisch für den Schmetterling, musikalischer Hochgenuss für uns!

Mit ihrem kompromisslosen, dritten Album In This Light And On This Evening setzt das Quartett aus Birmingham um ihren Sänger Tom Smith ein klares Statement und ebnet den Weg zu neuen elektronischeren Sounds, bei denen die vier Jungs von Produzent Mark 'Flood' Ellis (Depeche Mode, U2, Nine Inch Nails) unterstützt wurden. Nach dem ersten Album The Back Room (2005) und An End Has A Start (2007) flattern sie weiterhin im Erfolgswind der fast schon inflationär verwendeten, klinischen Synthie- und Keyboardhooklines.

Verstörend, betörend - Das düstere, maschinell wirkende Gesamtpacket In This Light And On This Evening wurde mit altbewährter Technik ausgestattet. Das schier unerschöpfliche Repertoire der Editors bestehend aus schrammeligen Leidensakkorden, Themen um enttäuschte Liebe, der Verlust von Vertrauen in jene, die uns regieren und eine gottlose Welt werden passender Weise mit künstlich klingenden Gitarren des großen 80er Weltschmerzes gepaart. Die neue Symbiose könnte aus der veränderten Lebenssituation der Bandmitglieder resultieren, die sich, bis auf den Schlagzeuger Ed Lay, nicht mehr in Birmingham, sondern in den Metropolen London (Tom Smith) und New York (Bassist Russell Leech, Gitarrist Chris Urbanowicz) tummeln, was sich in der kühleren, urbaneren Atmosphäre des Albums widerspiegelt. Dass das Produkt nun völlig anders klingt, wäre jedoch übertrieben.

Ausgehend vom Purismus des ersten Tracks In This Light And On This Evening, indem mantraartig „I swear to God“ als Beschwörungsformel durch die Boxen dringt, kulminiert die permanent bedrückende Stimmung im eigenwilligen, schwer konsumierbaren "Eat Raw Meat = Blood Drool".

Der Drang nach Eskapismus vs. der Suche nach einem Ausweg oder einer (Er-)Lösung - Alles in Allem überzeugt das Album mit grandios-simplen Tracks, die schlicht und ergreifend große Poptunes darstellen... einfacher: sind. In This Light And On This Evening symbolisiert eine düstere Schönheit, so bizarr wie gefühlvoll.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen