Montag, 18. Januar 2010

Fleur Earth, die Zweite

Es Entstehen Wesen
von Johannes Maibaum


Die Tatsache, dass ihr letztes Album erst im März diesen Jahres erschienen ist, ist für Fleur Earth kein Grund sich zurückzulehnen. Getreu ihrer im Track „Spiegelbild“ proklamierten Forderung „die Welt braucht mehr vom guten Sound“, wirft die Künstlerin mit „Es entstehen Wesen“ ihre bereits dritte Silberscheibe binnen 13 Monaten beim Kölner Label Melting Pot Music (MPM) auf den Markt. Doch nachdem sie auf „Soul des Cabots“ (März 2009) mit ihrer Band „Fleur Earth Experiment“ zu hören war, besinnt sich die junge Sängerin nun wieder auf das eher minimalistische, Lineup ihrer Debüt-EP „Skurreal“ (September 2008). Zwar sind in einzelnen Tracks Gäste wie C:Mone, Hulk Hodn, Frank Nitt, Retrogott und Daan (Rhodes) zu hören, doch den Löwenanteil leisten zwei Personen: Fleurs charakteristischer Sprechgesang wird von den Beats aus der Feder ihres Freundes und Bandkollegen aus dem Experiment Twit One untermalt.

Dieser erweist sich ein weiteres Mal als Garant für einen sehr ausgewogenen und entspannten, geradezu smoothen Sound, der nie überladen daherkommt. Musikalisch bedient sich Twit One sowohl im klassischen Soul der 70er und im frühen Hip-Hop, aber auch Ausflüge in jazzigere Gefilde hört man beispielsweise in „Warf's Tuch“. Hier werden ein weiteres Mal Fleur Earths Einflüsse deutlich, die zu großen Teilen für ihren Erfolg in dieser kurzen Zeit verantwortlich sind. Denn ihr „Straßenkötersoul“ grenzt sich dadurch erfrischend ab von den opulenten R'nB- und HipHop-Veröffentlichungen, die in den letzten Jahren zuhauf den Weg über den Atlantik schafften.

Und es kann nur von Vorteil sein, wenn eine deutschsprachige Soul-Künstlerin ihre lyrische Inspirationsquelle mit Goethe und nicht mit Xavier Naidoo benennt. Die Erfolge des Mannheimer Sohns in allen Ehren, doch innovativ war dieser in den letzten Jahren selten. Was Fleur Earth hier jedoch vorlegt, ist in keinster Weise altbacken oder banal. Ihre Texte strotzen vor Geheimnissen, die einem lange Zeit keine Ruhe lassen, und einen die Scheibe immer und immer wieder hören lassen.

Man darf gespannt sein, wie lange wir wohl auf die nächste Scheibe warten müssen – hoffentlich nicht allzu lang. Doch nutzen wir die Zeit bis dahin, um „Es entstehen Wesen“ auf uns wirken zu lassen. Denn diese Musik ist es wert, ja verlangt es aufgrund ihrer textlichen Tiefe geradezu, sie mit Bedacht zu genießen. Sie entspannt und fordert zugleich heraus, ihre Geheimnisse zu ergründen, denn bloß zu konsumieren wäre bei Fleur Earths Soul reine Verschwendung. Mit Fleurs Worten aus „Warf's Tuch“ gesprochen: Ich „danke nochmals für diese Flut“!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen