Samstag, 30. Januar 2010

Schein

Die Chancen sich als Funkband in Deutschland zu etablieren


Heutzutage ist Funk Dank der beiden neuen Alben von Jan Delay wieder etwas mehr im kollektiven Bewusstsein, dennoch sprießen keine Funkbands aus dem Boden, die meisten jungen Musiker versuchen sich im Hiphop, Metal, Indierock und in letzter Zeit auch viel im elektronischen Bereich.

Ich habe mich nun mit der 8-köpfigen Funk-Kombo „Schein“ darüber unterhalten, wie die Band ihren eigenen Stil gefunden hat, wie schwer es ist, mit Nischenmusik zu expandieren, über ihre Pläne für 2010 und natürlich über Roberto Blanco.

Ich treffe Georg, den Sänger, und Le Treu (Drums) im „Scheinland“, einer von der Band selbst zum Studio und Proberaum umgebauten Fabrikhalle in Freising bei München.


Inpopnito: Euer neues Album heißt „wir sind der Funk“, wie sieht dieses „wir“ bei einer 8-köpfigen Band aus? Wie schreibt man in einer so großen Gruppe Songs?

Georg: Grundsätzlich ist es so, dass wir die Songs nicht zu acht schreiben, wir spielen gerne zu acht live, weil das natürlich unglaublich viel Spaß macht, aber eigentlich schreiben wir die Lieder zu viert. Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang. Manche erjammen wir die Sachen, manchmal kommen von mir textliche Ideen, denen wir versuchen ein Gewand zu geben. Aber ganz viel macht unser Bassist, der M.W., der schreibt viel am Computer und dann spielen wir das erstmal zu viert, die Bläser sind im Songwriting nicht dabei.

Die stoßen dann also erst später dazu. Bekommen die dann notierte Linien oder werden diese selbst erarbeitet?

G: Teils teils, manchmal haben wir schon Ideen und dann wird das mit Bläsern im Vorhinein arrangiert, oder die Jungs haben selber gute Gedanken, sind ja alles tolle Musiker.

Ihr spielt seit fast zehn Jahren Funk, eine Genre, von dem man in den Jahren eurer Gründungs- und Findungsphase (um 1999) eigentlich gar nichts gehört hat. Wie und warum habt ihr damit begonnen? Was hat euch da geritten?

Treu: Wir spielen schon sehr, sehr lange zusammen und haben uns damals, wie fast alle Bands zu der Zeit, im Grunge beheimatet gefühlt, weil jeder, der eine Gitarre halten und 3 Akkorde spielen konnte damals Nirvana geil fand, und uns daraus dann entwickelt. Wir haben dann ohne konkreten Plan die Red Hot Chili Peppers lieben gelernt, vor allem das Jahrhundertalbum „Blood Sugar Sex Magic“, das uns dann alle inspiriert hat, doch waren ganz viele Einflüsse dabei. Der Georg hat zur der Zeit viel Selig und Keimzeit gehört. Ich hab mich dann auch eher an härterem Sound orientiert (lacht), am Anfang zumindest, und eigentlich ist dann unser Bassist, der M.W. in die Funkecke gekommen. Das hat sich dann alles vermischt und dadurch, dass wir alle den Slapsound von Flea (von den RHCP) geil fanden sind wir zu unserer Musik gekommen, aber wir waren eigentlich weiterhin offen für alles. Schließlich haben wir uns dann Kumpels mit Blasinstrumenten dazugenommen und die haben dann ein bisserl mitgespielt und daraus ist dann eine feste Bläsersektion geworden. Im Prinzip haben wir seit 2001 diesen „klassischen“ Bläsersatz (also Trompete, Posaune und Saxophon) dabei. Das hat sich dann alles in diese Richtung entwickelt. Es mutiert aber alles ständig, am Anfang haben wir uns von Tower of Power inspiriert an real Funk versucht, dann eine Jamiroquai-Phase, dann wurde es ein bisschen poppiger, aber wie schon ein paar mal erwähnt (lacht) ist Alles im Wandel. Das Einzige, was konstant ist, ist die Besetzung. Achja, Rage Against The Machine sollte man auf jeden Fall auch noch erwähnen, hat sicher auch was beeinflusst, da kommt diese Crossovergeschichte mit Sprechgesang her.

Jetzt hat Jan Delay diesen Sommer sein zweites Funkalbum veröffentlicht und diese Musik dadurch in die öffentliche Wahrnehmung gebracht. Wie beurteilt ihr diese Entwicklung und glaubt ihr davon eventuell profitieren zu können?

Treu: Ich finds auf jeden Fall gut, weils definitiv einfach gute Musik ist. Jan Delay legt den Fokus, abgesehen davon, dass er natürlich eher als Texter und Rapper im Vordergrund steht, auf gute Bandarbeit. Das heißt, er spielt mit einer Top-Band und er scheißt sich nichts, er orientiert sich nicht an irgendwelchen Regeln, die ganze Geschichte, gerade die aktuelle Platte ist ziemlich low und oldschoolig produziert, und das Ganze bestätigt einem schon, dass man eigene Wege gehen kann. Natürlich ist Jan Delay wahnsinnig populär, der kann eigentlich alles machen, keine Ahnung der hätte auch irgendwelche Death Metal Geschichten machen können und das wäre beachtet worden, insofern gehe ich jetzt mal nicht von einem Funk-Boom in den nächsten Jahren aus. Aber wie gesagt finde ich die beiden Alben einfach gut, wobei man sagen muss, dass wir eigentlich eher in die Funkrock oder Crossover Richtung gehen, nicht wie Jan Delay real Funk oder Discofunk machen.

Wie man in euren Tourtagebüchern sehen kann, seid ihr in Süddeutschland, sowie in Österreich und der Schweiz sehr präsent, im Norden geht dagegen fast gar nichts. Woran liegt das?

G: Zum einen ist es allgemein teuer eine 8-köpfige Band zu buchen, aber zum anderen denke ich, dass die Gagen im Norden einfach noch schlechter sind als hier, du bekommst zum Teil überhaupt nichts für die Anfahrt und pennst in irgendwelchen abgefackten Backstageräumen, das heißt wir müssten drauf zahlen um oben zu spielen und das ist es uns dann doch nicht wert. Außerdem ist es schwer mit unserer Musik in einer fremden Stadt zu spielen, weil es nunmal nicht so einfach ist 200 oder 300 Leute zusammenzubringen, die sich alle für Funk interessieren. Dementsprechend können wir den Clubbesitzern nicht garantieren, dass ihre Läden voll werden und wir wollen einfach nicht draufzahlen, um dann vor 5 Punks zu spielen, die uns nicht kennen. Deshalb spielen wir zur Zeit viel im Süden, wo uns die Leute kennen und mögen und zu den Konzerten kommen. Klar wollen wir auch unbedingt in Berlin und so weiter spielen, aber momentan würde sich das nicht lohnen.

Tr: Spielen und am Ende steht eine schwarze Null, das ist Idealismus, und voll Ok, aber draufzahlen führt dann einfach zu weit. Im Prinzip lechzen wir förmlich danach im Norden zu spielen und im ganzen deutschsprachigen Raum präsent zu sein, die großen Städte abzuklappern, aber dazu muss man halt die Unkosten reinkriegen, Busmiete, Hostels und so weiter.

G: Deutschland nähert sich in der Hinsicht immer mehr England an, ich war da neulich mit einer befreundeten Band unterwegs. Die Bands pennen in wirklich ekligen Backstageräumen aufm Boden und das ist dann nicht mehr so richtig geil. Ich weiß nicht, ob das was mit der Finanzkrise zu tun hat oder der Krise der Muiskindustrie allgemein, aber es ist momentan einfach schwer gerade eine so große Band zu refinanzieren. Trotz unseres tollen Labels Red Farm Records, man muss ja mal Werbung machen, geht über Plattenverkäufe eigentlich fast gar nichts, wir finanzieren uns durch Merchandising und eben viel live spielen. Viel geht halt über T-shirts verkaufen und so. Aber ich finde es schon ziemlich geil, wie weit wir gekommen sind, das schaffen die wenigsten Bands, dass sie sich ein eigenes Studio selbst finanzieren können und für längere Touren mit 10 Gigs oder so gebucht werden. Da sind wir schon auch in bisschen stolz drauf, es gibt ja nichts Schöneres als Live die Leute zum tanzen zu bringen, und wenn sich das dann finanziell auch noch einigermaßen lohnt, ist das schon geil.

Und jetzt habt ihr für euer neues Video Roberto Blanco engagieren können, wenn man den Fotos auf eurer Facebook Seite trauen darf. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

G: Ja, das war eine geile Geschichte… Wir haben unsere letzte Platte „Wir sind der Funk“ aufgenommen und hatten da von der Studiozeit her noch Platz, wir wussten nicht wie viele Songs wir noch aufnehmen und dann haben die Jungs, ich war da gar nicht dabei, eine ältere Idee von mir umgesetzt, nämlich „Play that funky music, white boy“ von Wild Cherry, das kennt jeder (summt verträumt vor sich hin), eingespielt und ich hab nen deutschen Text drüber gemacht, und dann haben wir das eingesungen. Das Ganze klang dann schon ganz fett , aber wir haben uns gedacht, es wär ja ganz geil ein Feature dafür zu bekommen, der die Hook cool singt, und dann haben wir rumüberlegt, bis irgendjemand dann brainstormingmäßig Roberto Blanco in die Runde geworfen hat. Wir haben uns bepisst vor Lachen, ich mein, der Typ ist einfach ein Knaller. Dann haben wir ihm eigentlich nur spaßeshalber das Zeug geschickt und gedacht: „wird ja eh nichts…was sollte der Typ mit uns machen wollen oder vielleicht kommt er sich ja nur verarscht vor“. Und ja, 2,3 Tage später war dann aufm Anrufbeantworter der O-Ton (macht Roberto nach): „Ja Hallo hier ist Roberto, ich würde das gerne mit euch machen, es funkt sehr gut, haha.“ Und dann kam er 2 Wochen später an und hat das eingesungen und es war echt witzig. Der Typ kam echt immer gut gelaunt und relaxed rüber , muss man sagen, und dann haben wir gleich noch ein Video dazu gedreht und das Ganze ist dann schon ziemlich witzig, weil halt einfach mal Roberto Blanco zu mir meint: „Spiel die Funkmusik, du Weißbrot.“ War halt eine echt witzige Geschichte und wir hoffen mal, dass damit nächstes Jahr irgendwas geht, wir wissen noch nicht genau, wie wir das veröffentlichen, aber wir hoffen halt, dass dann vielleicht auch bookingmäßig mehr für uns möglich ist, mal schaun. Wir haben uns für 2010 überhaupt vorgenommen richtig viel zu spielen und basteln grad schon an ein paar neuen Songs für ein neues Album, ich glaube nächstes Jahr wird ein gutes für den Schein!

Dann habt ihr gleich meine abschließende Frage mit beantwortet, wie's mit nächstem Jahr aussieht, ich wünsch euch alles Gute für die Zukunft und wir sehen uns dann vielleicht bald in Berlin.

Tr: Ja, wär echt cool, wenn demnächst was in Berlin geht, ansonsten kann man nur jedem empfehlen einfach mal unter scheinland.de reinzuschauen und sich die Sachen anzuhören und wems gefällt, der kann am 26.12. zum 10. Scheinachten nach Freising kommen, da kommen neben uns noch 2 richtig gute Bands und natürlich wir, wird sicher toll!

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